Samstag, 14. September 2013

Anmerkungen zu einer professoralen Verantwortungslosigkeit

Die Ankündigung des OMT Programms der EZB hat große Wellen geschlagen und einen relativ wütenden Austausch von Aufrufen erzeugt. Das Spektrum der Äußerungen reicht von der Unterstützung der EZB aufgrund der offensichtlichen Wirkung dieser Ankündigung bis hin zu der offenen Ablehnung mit dem Verweis auf elementare Rechtsverletzungen der europäischen Verträge. Der Hinweis auf das Verbot der Staatsfinanzierung als solche ist insofern nicht ungültig, als der Aufkauf von Staatsanleihen seitens der EZB an sich zwar nicht in Frage gestellt wird, solange es sich um "normale" Liquiditätsoperationen handelt, wie sie im Zentralbankbereich stets üblich sind. Sobald diese Operationen jedoch dazu dienen sollen auftretende Spekulationswellen gegen einen EURO Staat einzudämmen, seien diese Operationen auf einmal verbotene Staatsfinanzierung und somit einzustellen.

Diese Position ist in mehrfacher Hinsicht merkwürdig. Denn das, was man üblicherweise darunter verstehen würde ist der Kauf von Staatsanleihen zum Zweck der Erzielung von Einnahmen zur Finanzierung staatlicher Ausgaben. Nach allem Dafürhalten und unter Berücksichtigung der Konditionalität des OMT Programms kann man dieses Kriterium als nicht erfüllt ansehen, denn der vorgesehene Anwendungsbereich ist in jedem Fall auf einer anderen Ebene angesiedelt als darauf einem Staat die Finanzierung seiner Ausgaben zu erleichtern.

Das wird auch dadurch nahegelegt, daß ein Kauf auf den Sekundärmärkten sich auf Anleihen bezieht, deren Finanzierungswirkung bereits eingetreten ist, mithin eine Einnahmeerzielung überhaupt nicht mehr vorliegen kann. Auch der Hinweis auf eine ermöglichte Aufrechterhaltung einer nicht nachhaltigen Verschuldungspolitik des betreffenden Staates geht deswegen in eine falsche Richtung, weil gerade diese Politik durch die Konditionalität des OMT-Programms korrigiert werden soll. Man kann es eher so sehen, daß durch ein OMT Programm genau diese Fehlentwicklung korrigiert und gerade nicht unterstützt wird.

Das führt natürlich zu der Frage, ob nicht doch temporär Wirkungen erzeugt werden, deren Effekt darin besteht, daß ein Staat sich über die von ihm am Kapitalmarkt erzielbaren Einnahmen hinaus weiter finanzieren kann und damit verbotene Staatsfinanzierung in einem verkleinertem Maßstab vorliegt. Das mag in einem gewissen Umfang gegebenenfalls der Fall sein, jedoch ist dabei dagegenzurechnen, daß die Konditionalität gerade darauf hinwirkt, daß zukünftige Volumina der Kreditaufnahme dementsprechend geringer ausfallen werden, als es ohne ein OMT-Programm der Fall gewesen wäre. Angesichts dieser Sachlage schlußfolgern zu wollen, daß OMT zu einer Erzielung von Einnahmen führt ignoriert komplett die intertemporalen Wirkungen eines OMT-Programms und setzt eine pseudo-legalistische Auslegung der europäischen Verträge an die Stelle ökonomischer Sachverhalte.

Das Ganze hat natürlich auch was damit zu tun was die Funktion von Staatsanleihen im Rahmen der Funktionsfähigkeit von Finanzmärkten angeht. Die Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Interbankenmarktes setzt unmittelbar voraus, daß Staatsanleihen als beleihbares Wertpapier ihre Funktion zum Ausgleich von Liquiditätssalden behalten müssen, da sonst die daran gekoppelten Finanzmärkte zu kollabieren drohen - eine Entwicklung, deren Auswirkungen nur noch als desaströs klassifiziert werden können. Sobald man also fordert, daß Staatsanleihen die von einer massiven Entwertung bedroht sind nicht wertabgesichert werden, nimmt man automatisch den Zusammenbruch des betroffenen Finanzmarktes in Kauf. Mit einem Wort: das ist keine Option! Soweit sich also deutsche Volkswirte dazu versteigen zu fordern, daß ohne Rücksicht auf die Folgewirkungen einer massiven Entwertung von Staatsanleihen eine Hilfestellung seitens der EZB zu unterbleiben habe ist der Punkt erreicht eine derartige Forderung als grob fahrlässig und ignorant den unvermeidlichen Auswirkungen gegenüber zu qualifizieren.

Volkswirtschaftliche Verantwortung sieht anders aus!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Weitere Links